Liebe Leserinnen und Leser des Newsletters der Ernst-Bloch-Gesellschaft,
wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen unseres aktuellen Bloch-Newsletters. Dieser enthält Hinweise auf Neuerscheinungen und Veranstaltungen, Buchbesprechungen sowie den Bericht von der Tagung Hoffnung, Utopie, Apokalypse – Ernst Bloch und die Religion, zu der die Ernst-Bloch- Gesellschaft gemeinsam mit dem Selma-Stern-Zentrum für Jüdische Studien und der Katholischen Akademie Berlin im März eingeladen haben.
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1 Tagungsbericht Hoffnung, Utopie, Apokalypse – Ernst Bloch und die Religion (Berlin, 5.–7.3.2020)
Anfang März dieses Jahres lud die Ernst-Bloch-Gesellschaft gemeinsam mit dem Selma-Stern-Zentrum für Jüdische Studien und der Katholischen Akademie Berlin zu einer Tagung unter dem Titel Hoffnung, Utopie, Apokalypse – Ernst Bloch und die Religion nach Berlin ein.
Den Einstieg in das Programm machte Richard Faber mit einem einleitenden Vortrag, der das spezielle Verständnis Blochs von Atheismus und Christentum zum Thema hatte: Bloch wies demnach den Glauben als Rückversicherung an Gott (als re-ligio) zurück, machte stattdessen – im Anschluss an Feuerbach – eine Anthropologisierung der Religion stark. Jesus etwa interessiert nicht als im Zeichen der Liebe Gekreuzigter (also als Gottessohn), sondern als Menschensohn, der im Sinne der Schaffung eines Menschenreichs Vorbote für die Herausbringung des homo absconditus ist. Insbesondere die Abkehr vom alttestamentarischen Demiurgen lässt sich gemäß Faber als ein, wenn auch gewiss nicht buchstäblicher, so doch allegorischer Marcionismus fassen.
2 Buchbesprechung
Revue Internationale de Philosophie 289 (2019): Sonderband Ernst Bloch
Dass sich Geschichtsdeterminismus, Rationalität mit positivistischen Scheuklappen sowie postmoderne Beliebigkeiten zunehmend verausgabt haben, an Geltung verlieren, ist seit einigen Jahren bereits zu beobachten. Mit dem historischen Prozess als einem polyrhythmischen Gebilde, das von Brüchen geprägt ist und in dem sich das Subjekt – nicht wieder, sondern vielmehr fortgesetzt – als tätiges zeigt (insbesondere auch destruktiv), können sie keinen Umgang finden; Ausgeklammertes fordert sein Recht ein, und erfordert eine Erweiterung der Perspektive, die – folgt man Johan Siebers in seiner Einleitung zum Sonderband der Revue Internationale de Philosophie zu Ernst Bloch – auch die Bloch’sche Hoffnungsphilosophie mit einschließen sollte (vgl. S. 259).
3 Publikationshinweise
3.1 Gérard Raulet: Das befristete Dasein der Gebildeten. Benjamin und die französische Intelligenz
Im Universitätsverlag Konstanz ist eine Studie Gérard Raulets über Walter Benjamins literarische Auseinandersetzung mit der kulturellen und intellektuellen Avantgarde der französischen Zwischenkriegs-Gesellschaft erschienen. Dabei lenkt Raulet den Blick auf das weit gestreute Interesse Benjamins für Denkansätze aller Art: Dieser widmete sich nicht nur gesellschaftlichen Außenseitern wie Marcel Proust oder Marcel Jouhandeau, sondern befasste sich auch mit den rechten Nonkonformisten.
3.2 Cat Moir: Ernst Bloch’s Speculative Materialism. Ontology, Epistemology, Politics
Cat Moir verspricht mit dieser Interpretation von Blochs Materialismusproblem (Frankfurt/Main 1972) einen neuen Blick auf dessen Philosophie, durch die Rekonstruktion der ontologischen, epistemologischen und politischen Dimensionen seines spekulativen Materialismus.
3.3 Praktyka Teoretyczna 35/1 (2020): Dreams of a better life. Rethinking Marxism with Ernst Bloch
Das Periodikum Praktyka Teoretyczna widmet Ernst Bloch die erste Ausgabe des Jahres 2020. Enthalten sind Beiträge von Cat Moir, Lucien Pelletier, Loren Goldman, Jan Rehmann, Dritëro Demjaha, Federico Filauri, Felipe Catalani und Sebastian Truskolaski.
Praktyka Teoretyczna 35/1 (2020): Dreams of a better life. Rethinking Marxism with Ernst Bloch (ISSN: 2081-8130)
Online verfügbar unter:
https://pressto.amu.edu.pl/index.php/prt/issue/view/1566
3.4 Manuel Theophil: „About the decapitation of corpses – Reflections of Ernst Bloch’s Ungleichzeitigkeit in the novels of Klaus Mann (including a glimpse into the present)“. In: Colloquium: New Philologies 4/3 (2019)
Manuel Theophil wirft in seinem Aufsatz nicht nur ein Licht auf Blochs Konzept der Ungleichzeitigkeit in seinem historischen Kontext, sondern auch darauf, wie sich der Begriff in den Romanen von Klaus Mann widerspiegelt. Theophil schlägt dabei einen weiten Bogen von der Bekanntschaft der beiden Autoren in den 1920er- und 1930er-Jahren bis hin zu Ungleichzeitigkeiten der Gegenwart und ihrer Reflexion in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur.
Manuel Theophil: „About the decapitation of corpses – Reflections of Ernst Bloch’s Ungleichzeitigkeit in the novels of Klaus Mann (including a glimpse into the present)“. In: Colloquium: New Philologies 4/3 (2019) (ISSN 2520-3355)
Online verfügbar unter:
https://colloquium.aau.at/index.php/Colloquium/article/view/88
3.5 Alexander Bertsch: Treibgut Mensch
In Bertschs Roman kommen die Protagonisten – unter anderem der syrisch-libanesische Germanistikstudent Sharif – ins Gespräch über Philosophie, Gesellschaft, Menschenrechte, Flucht und Vertreibung.
3.6 Werner Wild: „Die ‚Hexe von Endor‘ und der ‚Magische Bischof‘ der Avantgarde. Zur Begegnung von Ernst Bloch und Hugo Ball im Schweizer Exil 1917-1919“. In: Hugo-Ball-Almanach, Neue Folge 11 (2020)
Während die Aufenthalte von Hugo Ball und Ernst Bloch in der Schweiz der Jahre 1917 bis 1919 sowohl in der Ball-Forschung als auch in der Bloch-Forschung separat bereits behandelt wurden, fehlt bisher eine umfassende Aufarbeitung der dortigen Begegnung beider Persönlichkeiten. Hier bessert Wild nach: Sein Beitrag befasst sich explizit mit dem Aufeinandertreffen Balls und Blochs im Exil.
4 Veranstaltungshinweise
4.1 Vertagung des Symposions: „Utopie und Widerstand. Ideologiekritik • Politische Musik • Bildung“ (Salzburg, neues Datum: 15.–16.10.2020 )
Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde das erste Ernst Bloch Symposion Salzburg unter dem Titel „Utopie und Widerstand. Ideologiekritik • Politische Musik • Bildung“ (ursprünglicher Termin 26.–27.3.2020) verschoben. Die Tagung ist nun angesetzt auf den 15. und 16.10.2020.
Das Symposium wird von Vertreter*innen der Universität Salzburg und der Bergischen Universität Wuppertal organisiert. Ziel der Veranstaltung ist es, Blochs Philosophie mithilfe transdisziplinärer wissenschaftlicher und künstlerischer Beiträge in die Bildungswissenschaften hineinzutragen. Im Mittelpunkt werden u.a. die Themen Widerstand, Utopie und politische Kunst/Musik/Literatur stehen. Es sind Keynotes von Prof. Dr. Micha Brumlik (Frankfurt a.M.) und Prof. Dr. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik (Kassel) angekündigt.
Weitere Informationen zu Programm und Anmeldung sind zu finden unter: http://blochsymposionsalzburg2020.sbg.ac.at/wordpress/
4.2 Buch-Präsentation: Leonor Quinteros Ochoa: „Zweimal Exil“
Im Buch „Zweimal Exil. Briefe und Erinnerungen aus dem chilenischen Exil“ der chilenischen Autorin Leonor Quinteros Ochoa wird erfahrbar, was Vertreibung und Exil bedeuten können und welche Wirkung das Prinzip Hoffnung auf Menschen in Diktaturen hatte. Das Buch erscheint im Verlag Schiler & Mücke, Tübingen und Berlin, am 19. 11. 2020 findet im Club Voltaire in Tübingen die Buchpräsentation als Kooperation der Volkshochschule Tübingen und der Ernst-Bloch-Gesellschaft statt.
Nähere Informationen werden im Vorfeld der Veranstaltung bekanntgegeben unter:
https://club-voltaire.net/programm
5 Verschiedenes
Forschungsprojekt: Bloch-„Incipits“
Johan Siebers, Sam Dolbear, Federico Filauri (London) und Nathaniel Barron (Birmingham) haben ein Projekt zur Sammlung und Kommentierung der berühmten Bloch’schen Einleitungssätze initiiert. Dazu sollen die oft kurzen, kryptischen Anfangssätze in seinen Texten (z.B. „Ich bin, aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst“), die gleichermaßen philosophisch und rhetorisch interessant sind, in einer Übersicht zusammengestellt und Blochkenner eingeladen werden, kurze Reaktionen oder Kommentare zu einigen dieser Sätze zu verfassen (je maximal 500 Wörter). Diese sollen dann online auf der Internetseite des Ernst Bloch Centre for German Thought (University of London) veröffentlicht werden.
Auskunft zum Projekt erteilt Johan Siebers: johan.siebers(at)sas.ac.uk
Impressum:
Ernst-Bloch-Gesellschaft Ludwigshafen e.V.
Die Gesellschaft ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Ludwigshafen unter VR 1824 eingetragen.
Vorstand
Prof. Dr. Francesca Vidal, Präsidentin
Dr. Johan Siebers, Vizepräsident
Werner Wild, Vizepräsident
Prof. Dr. Gert Ueding, Vorstandsmitglied
Reinhard Werk, Schatzmeister
Dr. Reinke Schwinning, Vorstandsmitglied
Manuel Theophil, Vorstandsmitglied
Kontakt
Ernst-Bloch-Gesellschaft
Geschäftsführung
Reinhard Werk
Albrecht-Dürer-Str. 3
72076 Tübingen
Redaktion des Newsletters
Manuel Theophil / Reinke Schwinning